Posted October 13, 2022
Nervensaegen: Es geht aber gar nicht darum, ob man etwas umgehen kann. Man kann noch ganz andere Regeln und sogar Gesetze umgehen oder brechen. Die reine Tatsache, dass dies möglich ist, macht die Handlung nicht automatisch richtig. Man sollte nicht zwingend immer alles tun, nur weil man es kann.
Nein, wirklich? Man sollte auch nicht Gesetze aufstellen, die absoluter Dumpfsinn weshalb die restliche Welt Deutschland nur müde belächelt ... Aber das ist nicht der Punkt. Mir ging es lediglich darum, dass eine Indizierung ja kein Verbot ist, sondern lediglich ein Hindernis, etwas regulär im Laden zu erwerben, darstellt (werbeverbot<>Verkaufsverbot). Im Zeitalter des Internets kann ich aber einfach etwas im Ausland kaufen (was nicht verboten ist) und die Indizierung greift komplett ins Leere (ich rede hier natürlich von einer normalen Indizierung und nicht von einer Beschlagnahmung). Nervensaegen: Inhaltlich geht es weniger um Kinder, als um Erwachsene (denn die Kinder werden gar nicht gefragt) und einen gesellschaftlichen Vertrag, eine Übereinkunft, wie man sich als Gemeinschaft selbst definiert, was man mehrheitlich im Rahmen des Zeitgeschmacks als akzeptabel empfindet und was nicht. Das ist keine 1-0-Entscheidung, sondern ein ständiger Prozess, der zu wechselnden Ergebnissen führen kann. Was heute nicht akzeptabel ist, kann morgen ganz alltäglich sein. Und der Prozess kann nicht perfekt sein, denn Perfektion ist der Realität grundsätzlich fremd.
Doch, es GEHT inhaltlich um Kinder und NICHT um Erwachsene. Die normale Indizierung stellt KEIN Verkaufsverbot dar. Unabhängig davon gibt es die Kunstfreiheit und nachweislich ist kein Spiel jemals schädlich gewesen - womit auch ein solcher "Erwachsenenschutz", der eben nebenbei nicht im Sinne des GG wäre, nicht sinnvoll wäre. Wenn mir irgendwas nicht gefällt oder zu extrem ist, lasse ich die Finger davon. Zu extrem für die Gesellschaft gibt es nicht, sofern es nicht real ist und sofern niemand geschädigt wird. Nervensaegen: Ob wir einen solchen gesellschaftlichen Konsens brauchen, ist eine Frage, die man sich stellen kann. Allerdings gibt es eine Mehrheit, welche dies im Moment noch bejaht. Damit muss man nicht einer Meinung sein. Tatsächlich bin ich mehr als skeptisch, ob die Meinung einer Mehrheit überhaupt in irgendeiner Form relevant für das Leben Einzelner sein kann. Ich denke nicht, dass irgendjemand das Recht hat, sich in irgendein Leben einzumischen, außer in das eigene. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass es einen politisch einflussreichen Teil der Bevölkerung gibt, welcher das tief empfundene Bedürfnis hat, eine gemeinschaftliche Identität zu schaffen. Zum Guten, wie auch zum Schlechten. Selbst wenn man argumentieren könnte, dass diese Mehrheit eigentlich nur das Bedürfnis hat, in ihrer Bubble nicht gestört zu werden.
Dem stimme ich zu, aber dies ist keine politische Diskussion, sondern eine prinzipielle und mein Beitrag wollte lediglich aufzeigen, wie sinnbefreit eine Indizierung heutzutage ist. Nervensaegen: Unterstützt wird die Entscheidung aber in diesem Fall von der Erkenntnis, dass eine Altersfreigabe ganz grundsätzlich durchaus sinnvoll ist. Darüber herrscht Konsens, auch wenn man sich über die konkrete Ausgestaltung streiten kann (und soll).
Nein, auch hier herrscht KEIN Konsens. Auf eine AltersEMPFEHLUNG mag das zutreffen, aber nicht auf eine Altersfreigabe. Nervensaegen: Grundsätzlich sollte man die Kirche aber im Dorf lassen. Keinem Kind wird etwas weggenommen, wenn es einem Hersteller nicht gestattet wird, vor Ort ein Spiel zu bewerben und an den Markt zu bringen, in welchem virtuelle, wehrlose Passanten mit einem Fahrzeug plattgewalzt werden. Es gibt schließlich zahllose Spiele, welche Kinder auf dem deutschen Markt nur schwer oder gar nicht bekommen, aus den unterschiedlichsten Gründen.
Glaubst du das wirklich? KEIN Spiel und KEIN Film ist heutzutage noch schwer zu bekommen. Das schafft jeder Teenager mit Torrent und etwas google Kenntnissen. Nervensaegen: Lizenzrechtliche Einschränkungen, regionale Beschränkungen, mangelnde Übersetzung oder Sprachkenntnisse, Publisher wollte nicht, DRM, you name it. Und auch Erwachsene bekommen nicht immer und überall, was sie wollen. Nicht als Menschen, und schon gar nicht als Konsumenten.
Äpfel und Birnen. Das eine ist eine völlig willkürliche und wisenschaftliche nicht haltbare Einschränkung des Marktes, die dem Jugendschutz dienen soll, aber jeden Käufer beeinflusst. Das andere sind markwirtschaftliche Mechanismen, die jedem Produkt zwangsweise zugrunde liegen. Nervensaegen: Hauptsächlich richtet sich die Kontrolle somit nicht gegen Kinder, sondern gegen die Hersteller. Sie werden sanktioniert, wenn sie sich nicht an Mindeststandards halten.
Das ZIEL bleiben die Kinder. Aber man lenkt es eben über die Hersteller, da eine Zensur nicht zulässig ist. Nervensaegen: Die Frage, welche Standards wir für den Zugang zum Markt als Gesellschaft unterstützen wollen, kann nur im gesellschaftlichen Diskurs immer wieder neu verhandelt werden. Sie ist an die jeweilige Zeit anzupassen. Das reicht von Fragen wie Gentechnik im Essen, über Fracking und Atomkraft, bis zu Mindeststandards für Computerspiele und ist sehr differenziert zu betrachten.
Noch mehr Äpfel und Birnen Vergleiche. Computerspiele haben einen geselsschaftlichen und persönlichen Schaden von nichtexistent. Ob das bei gentechnischem Essen genauso ist oder bei der Zerstörung der Natur, wage ich mal zu bezweifeln.